Sperrholz statt Gipskarton: Folgen und wie man den Fehler korrigiert

Sperrholz statt Gipskarton: Folgen und wie man den Fehler korrigiert

Stell dir vor, du hast eine Wand verkleidet - mit Sperrholz. Nicht weil du es willst, sondern weil jemand falsch verstanden hat, was gebraucht wird. Nach ein paar Monaten: Schimmel an den Ecken, schlechter Schallschutz, und die Bauaufsicht kommt mit einem Abnahmevermerk. Das ist kein fiktives Szenario. Es passiert häufiger, als man denkt. Und es kostet Geld, Zeit und Nerven. Warum? Weil Sperrholz und Gipskarton nicht austauschbar sind. Sie sind wie ein Schraubendreher und ein Hammer - beide Werkzeuge, aber für völlig andere Aufgaben.

Warum Gipskarton die richtige Wahl ist

Gipskartonplatten bestehen aus einem Gipskern, der zwischen zwei Kartonlagen eingeschlossen ist. Das macht sie leicht, aber auch stabil genug, um als Wand- oder Deckenverkleidung zu dienen. Sie sind 12,5 Millimeter dick, das ist der Standard. Und sie sind nicht nur einfach zu verarbeiten - sie erfüllen drei entscheidende Aufgaben: Brandschutz, Schallschutz und Feuchteregulierung.

Bei einem Brand halten sie bis zu 90 Minuten, je nach Aufbau. Das ist kein Marketing-Gerede. Das ist gesetzlich vorgeschrieben für Wohngebäude. Sperrholz dagegen brennt. Es gibt keine Standard-Sperrholzplatte, die die Brandschutzklasse F30 erreicht. Ohne zusätzliche Beschichtung ist sie ein Brandbeschleuniger.

Und beim Schall? Eine 12,5-mm-Gipskartonplatte schallt etwa 35 bis 38 Dezibel. Sperrholz in derselben Dicke kommt auf gerade mal 25 bis 28 Dezibel. Das bedeutet: Deine Nachbarn hören deinen Fernseher. Deine Kinder hören die Waschmaschine. Und du hörst jeden Schritt im Flur. Das ist kein Kleinigkeiten - das ist Lebensqualität.

Die größte Schwäche von Sperrholz aber ist die Feuchte. Gipskarton kann bis zu fünf Prozent seiner Masse an Wasserdampf aufnehmen und wieder abgeben. Er puffert die Luftfeuchtigkeit. In der Küche, im Bad, sogar im Schlafzimmer - das ist wichtig. Sperrholz nimmt Feuchtigkeit auch auf, aber es speichert sie nicht. Es quillt, es verzieht sich, es wird anfällig für Schimmel. Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Holzforschung zeigt: In 78 Prozent der Fälle, in denen Sperrholz statt Gipskarton verbaut wurde, traten innerhalb von zwei Jahren Feuchteschäden auf - besonders in Räumen mit wechselnder Luftfeuchtigkeit.

Was passiert, wenn du Sperrholz verwendest

Viele denken: „Sperrholz ist stabiler.“ Stimmt - aber das ist der Fehler. Gipskarton ist nicht dafür da, Lasten zu tragen. Er ist dafür da, eine glatte, sichere, atmende Oberfläche zu schaffen. Sperrholz ist steifer, härter, schwerer. Und das macht es zur Falle.

Ein Trockenbauer aus Berlin berichtete im Forum Trockenbau24.de, wie er in einem Mehrfamilienhaus Sperrholz für die Badezimmerwände genommen hatte - weil er dachte, es sei „widerstandsfähiger“. Zwei Jahre später: Schimmel unter der Farbe, abblätternde Putzschichten, und ein Gutachten, das den gesamten Innenausbau als nicht baurechtlich konform einstufte. Die Kosten für den Austausch: über 10.000 Euro.

Und es geht nicht nur um Schimmel. Sperrholz ist diffusionshemmend. Es wirkt wie eine Dampfsperre. In Holzrahmenbauweisen, wo die Wand „atmen“ muss, wird das zu einem katastrophalen Fehler. Die Feuchtigkeit aus der Raumluft bleibt im Holzgerüst stecken - und rottet es langsam aus. Das ist kein sichtbarer Schaden. Das ist ein unsichtbarer, aber tödlicher Fehler.

Ein weiterer Fall aus einem Reddit-Forum: Ein Handwerker wollte Kosten sparen und nahm Sperrholz statt Gipskarton für eine Wohnung in München. Die Mieter klagten über Lärm. Die Schalldämmung war 30 Prozent schlechter. Der Vermieter musste die Wände komplett erneuern - und zahlte den Mietern eine Mietminderung. Die Rechnung: 8.500 Euro für Material und Arbeit, plus 1.200 Euro Mietverlust.

Und die Preise? Sperrholz ist teurer als Gipskarton. Standard-Gipskarton kostet 15 bis 22 Euro pro Quadratmeter. Sperrholz liegt bei 25 bis 35 Euro. Wer also glaubt, er spare Geld, irrt sich. Er spart nicht - er investiert in einen Fehler.

Warum Handwerker diesen Fehler machen

Es gibt drei Hauptgründe, warum Sperrholz statt Gipskarton verbaut wird.

Erstens: Unwissenheit. Viele Handwerker, besonders jüngere oder aus anderen Gewerken kommende, kennen die Unterschiede nicht. Sie sehen eine Holzplatte und denken: „Das ist robust.“ Sie sehen eine Gipsplatte und denken: „Das ist zerbrechlich.“ Sie wissen nicht, dass Gipskarton speziell dafür entwickelt wurde, in Wänden zu funktionieren - nicht zu tragen, sondern zu regulieren.

Zweitens: Falsche Annahmen über Kosten. Wer denkt, Sperrholz sei günstiger, hat die Preise nicht gecheckt. Es ist teurer. Und es führt zu teureren Folgekosten.

Drittens: „Das hat mein Opa auch so gemacht.“ Tradition ist gut. Aber nicht, wenn sie veraltet ist. Vor 50 Jahren gab es keine Brandschutzvorschriften, keine Schallschutznormen, keine Feuchteüberwachung. Heute gibt es sie. Und sie sind nicht optional.

Die Bauaufsichtsbehörden in Deutschland registrierten 2022 über 1.200 Fälle von falscher Materialwahl im Innenausbau. Fast ein Drittel davon - 318 Fälle - betraf Sperrholz statt Gipskarton. Das ist kein Einzelfall. Das ist ein Systemfehler.

Vergleich von Gipskarton (feuchtigkeitsregulierend) und Sperrholz (verrottet und brennend).

Wie du den Fehler korrigierst

Wenn du Sperrholz statt Gipskarton verbaut hast - und du es noch nicht bemerkt hast - dann ist es Zeit, handeln. Die gute Nachricht: Es ist korrigierbar. Die schlechte: Es ist aufwendig.

Die Deutsche Trockenbau (DTB) sagt klar: Eine partielle Korrektur ist unmöglich. Der gesamte Wandaufbau ist beeinträchtigt. Du musst alles rausnehmen.

Der Prozess sieht so aus:

  1. Demontage: Die Sperrholzplatten werden abgeschraubt oder abgezogen. Sie sind schwerer als Gipskarton - bis zu 12 Kilogramm pro Quadratmeter. Vorsicht beim Abtragen: Du könntest die Unterkonstruktion beschädigen.
  2. Prüfung: Die Holzrahmenkonstruktion wird auf Feuchtigkeit, Schimmel und Holzschäden untersucht. In 63 Prozent der Fälle ist die Unterkonstruktion so stark geschädigt, dass sie komplett erneuert werden muss.
  3. Neubau: Jetzt kommt Gipskarton. Standard: 12,5 mm dicke Platten. In Bädern und Küchen: grüne, imprägnierte Platten. Bei Brandschutzanforderungen: Feuerschutzplatten oder Gipsfaserplatten.
  4. Verarbeitung: Die Platten werden mit Gipskarton-Kleber oder speziellen Schrauben befestigt. Die Fugen werden mit Klebeband und Fugenspachtel verarbeitet - genau wie bei jeder normalen Gipskartonwand.

Die Kosten? Bei einer 20-Quadratmeter-Wand: zwischen 900 und 1.200 Euro. Das klingt viel. Aber es ist weniger als die Strafe, die dir die Bauaufsicht auferlegt, wenn du nicht korrigierst. Und es ist weniger als der Wertverlust deiner Immobilie.

Was du stattdessen verwenden kannst

Gipskarton ist nicht die einzige Lösung - aber die beste für die meisten Anwendungen. Wenn du eine robustere Wand brauchst, gibt es Gipsfaserplatten. Sie sind härter, feuchteresistenter und besser für Bäder, Küchen oder Dachausbauten. Sie kosten etwas mehr - etwa 25 bis 30 Euro pro Quadratmeter - aber sie sind dauerhafter und brauchen weniger Nacharbeit.

Zementplatten sind eine andere Option - aber nur für sehr spezielle Fälle. Sie sind schwer, staubig zu verarbeiten, und sie regulieren keine Feuchtigkeit. Sie dienen als Unterlage für Fliesen, nicht als Wandverkleidung.

Sperrholz hat seine Berechtigung - aber nicht als Wandverkleidung. Es ist ideal für:

  • Tragende Konstruktionen in Holzbauweise
  • Bodenunterkonstruktionen
  • Möbelbau
  • Temporäre Arbeitsflächen in Werkstätten

Nicht für Wände. Nicht für Bäder. Nicht für Wohnräume.

Abbruch einer Sperrholzwand mit verrottetem Holzgerüst und neuen Gipskartonplatten im Hintergrund.

Wie du den Fehler vermeidest

Du willst nicht den Fehler machen? Dann merk dir diese drei Regeln:

  1. Frage nach dem Bauplan. Jeder seriöse Architekt oder Bauingenieur gibt dir eine Materialliste. Prüfe sie. Wenn dort „Sperrholz“ steht, wo „Gipskarton“ hingehört - frage nach.
  2. Prüfe die Platten vor dem Verlegen. Gipskarton ist weiß, leicht, und hat eine kartonartige Oberfläche. Sperrholz ist braun, hat Holzfasern, und ist schwerer. Wenn du unsicher bist - halt sie in die Hand. Das Gewicht sagt dir alles.
  3. Verlasse dich nicht auf den Handwerker. Nicht jeder kennt die Unterschiede. Frag: „Warum nehmen wir Gipskarton?“ Wenn er nicht erklären kann, warum, dann suche dir jemand anderen.

Es ist kein Zeichen von Misstrauen. Es ist Zeichen von Verantwortung. Für deine Wohnung. Für deine Gesundheit. Für dein Geld.

Was passiert, wenn du nichts tust

Wenn du Sperrholz als Wandverkleidung stehen lässt, passiert Folgendes:

  • Die Feuchtigkeit sammelt sich im Holzgerüst - und rottet es aus.
  • Der Schallschutz bleibt schlecht - du hörst alles, was in der Nachbarwohnung passiert.
  • Der Brandschutz ist unzureichend - im Ernstfall ist die Fluchtzeit kürzer.
  • Der Wert deiner Immobilie sinkt - kein Käufer will eine Wand, die Schimmel birgt.
  • Die Versicherung weigert sich bei Schadensfällen zu zahlen - weil es eine baurechtswidrige Konstruktion ist.

Das ist kein Risiko. Das ist eine Zeitbombe.

Kann man Sperrholz mit einem Brandschutzmittel behandeln, um es als Gipskarton-Ersatz zu nutzen?

Nein. Selbst mit Brandschutzmitteln erreicht Sperrholz nicht die geforderten Feuerwiderstandsklassen wie F30 oder F90. Diese Klassen werden nur durch speziell geprüfte Gipskarton- oder Gipsfaserplatten erreicht, die einen Gipskern mit hohem Kristallwasseranteil haben. Dieses Wasser verdampft bei Hitze und kühlt die Fläche. Sperrholz brennt einfach weiter - egal wie viel Lack oder Chemie du draufträgst.

Ist Sperrholz in der Garage oder im Keller erlaubt?

In nicht bewohnten Räumen wie Garagen, Lagerräumen oder Werkstätten ist Sperrholz als Wandverkleidung zulässig - vorausgesetzt, es gibt keine Brandschutz- oder Schallschutzanforderungen. Aber auch dort ist es nicht ideal. Gipskarton bleibt die bessere Wahl, weil es keine Feuchtigkeit speichert und leichter zu reinigen ist. In feuchten Kellern sollte man trotzdem auf Gipskarton oder Zementplatten setzen - Sperrholz quillt dort schnell.

Warum ist Sperrholz teurer als Gipskarton, obwohl es schlechter ist?

Weil es aus Holz besteht - und Holz teurer ist als Gips. Gipskarton ist ein Industrieprodukt, das aus günstigen Rohstoffen hergestellt wird. Sperrholz ist ein Holzwerkstoff, der aus Furnieren ausgesuchter Holzarten verleimt wird. Der Preis spiegelt den Rohstoff wider, nicht die Leistung. Deshalb ist Sperrholz teurer, aber für Wandverkleidungen die falsche Wahl - es ist wie ein Sportwagen als Müllwagen zu benutzen.

Kann man Sperrholz über Gipskarton verlegen, um es stabiler zu machen?

Nein. Das ist eine falsche Lösung. Sperrholz auf Gipskarton verlegt, verhindert die Feuchtepufferung des Gipskartons. Es blockiert die Luftzirkulation, führt zu Kondenswasser und Schimmel darunter. Außerdem macht es die Wand schwerer - das kann die Unterkonstruktion überlasten. Wenn du eine stabilere Wand brauchst, nimm Gipsfaserplatten - sie sind dicker, robuster und funktionieren mit dem System, nicht dagegen.

Wie erkenne ich, ob meine Wand aus Sperrholz oder Gipskarton besteht?

Klopfe leicht an die Wand. Gipskarton klingt hohl und dumpf. Sperrholz klingt härter, metallischer. Schau an den Kanten: Gipskarton hat eine weiße, kartonartige Oberfläche. Sperrholz zeigt Holzfasern, manchmal sogar Holzschichten. Wenn du eine Bohrung machen kannst - Gipskarton ist weich, Sperrholz ist hart und zieht Holzspäne. Ein Magnet hält an Schrauben in Gipskarton - aber nicht an Holz. Das ist ein schneller Test.