Stellen Sie sich vor: Sie stehen vor einer alten Badewanne, die noch immer mit Fliesen verklebt ist. Die Fugen sind verkrustet, die Kanten schief, und der Platz zwischen Wand und Wanne ist so eng, dass kein Winkelschleifer hineinpasst. Sie haben schon alles versucht - von Hand, mit dem Messer, mit dem Schraubenzieher. Aber nichts funktioniert sauber. Dann greifen Sie zu einem Multifunktionswerkzeug. In weniger als zehn Minuten haben Sie die alten Fugen entfernt, die Fliesen genau ausgeschnitten und die Kante geschliffen - alles mit einem einzigen Gerät. Kein Chaos, kein Umstellen, kein Platzproblem. Das ist der wahre Wert eines Multifunktionswerkzeugs im Innenraum.
Was macht ein Multifunktionswerkzeug so besonders?
Ein Multifunktionswerkzeug, auch Oszillierer genannt, ist kein gewöhnliches Werkzeug. Es ist ein All-in-One-Gerät, das bis zu 15 verschiedene Aufgaben übernimmt: Sägen, schleifen, schaben, bohren, polieren, entfernen. Der Schlüssel liegt in der oszillierenden Bewegung - eine winzige, schnelle Hin- und Herbewegung von 10.000 bis 21.000 Mal pro Minute. Das ist nicht wie eine Säge, die durchschneidet. Es ist wie ein Feinmechaniker, der mit winzigen Stößen Material abträgt, ohne zu reißen oder zu splitten.
Im Gegensatz zu stationären Geräten wie Bandsägen oder Schwingschleifern braucht es kaum Platz. Es passt in Ecken, hinter Rohren, unter Fensterbänken - Orte, wo andere Werkzeuge einfach nicht hinkommen. Das ist der Grund, warum 89 % der Handwerker es für Arbeiten in engen Räumen bevorzugen. Und es ist kein Luxus mehr. Heute ist es Standard in fast jeder Werkzeugkiste - ob Profi oder Heimwerker.
Wie funktioniert es wirklich? Technik, die überzeugt
Die Technik ist simpel, aber genial. Ein Elektromotor treibt eine kleine Welle an, die sich in einer sehr kleinen, aber extrem schnellen Schwingung bewegt. Diese Bewegung wird auf einen Aufsatz übertragen - ein Sägeblatt, eine Schleifplatte, ein Kratzmesser. Je nach Material wechselt man den Aufsatz. Keine Schrauben, kein Werkzeug - moderne Modelle wie der Bosch GOP 32-28 oder der Fein Multimaster nutzen Schnellspann-Systeme. Ein Knopfdruck, und der Aufsatz ist gewechselt. In drei Sekunden.
Die Leistung? Kabelgebundene Modelle liegen bei 200-350 Watt, Akkugeräte bei 12-20 Volt. Das reicht für Holz bis 65 mm, Metall bis 10 mm und Fliesen bis 15 mm. Die Präzision ist beeindruckend: ±0,2 mm Toleranz. Das bedeutet, Sie können eine Türschwelle exakt anpassen, ohne dass sie klemmt. Oder eine alte Fuge komplett entfernen, ohne die Wand darunter zu beschädigen.
Die besten Geräte haben auch LED-Lichter - 100 bis 300 Lumen - damit Sie auch in dunklen Ecken sehen, was Sie tun. Und rutschfeste Griffe, die auch bei feuchten Händen halten. Die meisten Modelle erfüllen heute die EU-Norm EN 62841-2-7:2021, die die Sicherheit deutlich verbessert hat. Seitdem sind Verletzungen durch unkontrollierte Werkzeugbewegungen um 25 % zurückgegangen.
Wofür nutzen Handwerker es wirklich? Drei Hauptanwendungen
Die meisten Leute denken, ein Multifunktionswerkzeug ist nur für kleine Reparaturen. Das ist falsch. Es ist das wichtigste Werkzeug für Renovierungen - besonders in Altbauten.
- Trennen: Sie müssen eine alte Türschwelle aus dem Boden entfernen? Ein normales Sägeblatt kommt nicht an. Mit einem Multifunktionswerkzeug und einem Metall-Sägeblatt (14-24 TPI) schneiden Sie die Schwelle exakt aus - ohne den Boden zu beschädigen. Oder Sie schneiden eine Wandöffnung für ein neues Fenster, ohne die umliegenden Ziegel zu zertrümmern.
- Schleifen: Nach dem Entfernen von altem Putz oder Kleber bleibt eine rauhe Kante. Ein Schwingschleifer ist zu groß. Mit einem feinen Schleifpapier (P80-P120) und dem Multifunktionswerkzeug schleifen Sie die Kante glatt - und das in Ecken, wo kein anderer Schleifer hinkommt. Besonders bei antikem Holz oder historischen Wandverkleidungen ist das unersetzlich.
- Schaben: Alte Fugen zwischen Fliesen? Fett, Schimmel, Kleber - alles hart verkrustet. Mit einem speziellen Fugenkratzer (Diamantbeschichtet) schaben Sie das Material heraus, ohne die Fliesen zu zerkratzen. Profis berichten, dass sie damit ihre Fugenarbeiten 50 % schneller erledigen. Und das ohne Staubwolke, wenn das Gerät mit Staubabsaugung verbunden ist.
Das sind keine Randanwendungen. Das sind die täglichen Aufgaben in jeder Renovierung. Laut einer Umfrage von PROFISHOP nutzen 78 % der Fliesenleger, 65 % der Schreiner und 52 % der Maler das Gerät mindestens einmal pro Woche.
Was ist besser: Kabel oder Akku?
Die Frage ist nicht, ob Sie ein kabelgebundenes oder akkubetriebenes Modell brauchen - sondern wo und wie Sie arbeiten.
Kabelgebunden: Ideal für längere Arbeiten. Kein Akku-Wechsel, keine Leistungseinbußen. Modelle wie der Bosch GOP 32-28 liefern konstant 350 Watt. Perfekt, wenn Sie einen ganzen Tag in einer Wohnung arbeiten. Nachteil: Kabel. Es kann sich verheddern, es begrenzt die Bewegungsfreiheit.
Akkugerät: Flexibel, mobil, ideal für kleinere Jobs oder wenn Sie zwischen Räumen wechseln. Die neuesten Akkus von Einhell (Power X-Change S) oder Makita halten bis zu 50 % länger als noch 2023. Aber: Nach 20-25 Minuten voller Belastung ist Schluss. Wer eine ganze Wand entfernen will, braucht mindestens zwei Akkus. Und ein Ladegerät. Wer nur eine Fuge schabt oder eine Türschwelle ausschneidet, kommt mit einem Akku klar.
Experten wie Prof. Dr. Anja Schmidt von der Hochschule für Handwerk München prognostizieren: Bis 2026 werden Akkugeräte die kabelgebundenen Modelle im Innenraum komplett ablösen. Die Leistungslücke schließt sich. Und mit der Integration von Bluetooth-Technik - die den Verschleiß des Werkzeugs überwacht - wird das Gerät smarter. Die Zukunft ist kabellos.
Was kostet ein gutes Multifunktionswerkzeug?
Der Preis reicht von 50 € bis über 300 €. Aber nicht jeder Preis ist gerechtfertigt.
Unter 100 €: Einhell, Black+Decker, andere Billigmarken. Diese Geräte sind oft schwer, haben schwache Motoren und keine Schnellspanntechnik. Die Aufsätze halten nicht lange. Die Staubabsaugung funktioniert kaum. Sie sind für gelegentliche Heimwerker okay - aber nicht für regelmäßigen Einsatz. Laut Stiftung Warentest (Oktober 2023) scheitern viele dieser Modelle bei der Sicherheitsprüfung.
100-200 €: Der Goldstandard. Bosch GOP 32-28, Einhell TE-OM 200 E, Makita. Hier bekommen Sie eine solide Bauweise, Schnellspann-System, LED-Licht, gute Akkulaufzeit und stabile Aufsätze. Diese Geräte halten jahrelang. Sie sind der beste Kompromiss zwischen Preis und Leistung.
Über 250 €: Fein Multimaster. Das ist das Porsche-Modell. Exzellente Verarbeitung, extrem präzise Steuerung, beste Staubabsaugung, langlebige Motoren. Profis nutzen es, weil es in der täglichen Arbeit Zeit und Nerven spart. Aber: Original-Aufsätze kosten bis zu 35 € pro Stück. Wer nicht regelmäßig arbeitet, zahlt hier zu viel.
Die Marktanteile zeigen: Bosch hat 32 %, Fein 25 %, Einhell 18 %. Das sind die drei Hauptmarken. Alles andere ist Nischenprodukt.
Was Sie als Anfänger unbedingt vermeiden müssen
Ein Multifunktionswerkzeug ist nicht schwer zu bedienen - aber leicht falsch zu nutzen.
- Zu viel Druck: Sie denken, mehr Druck = schnellerer Schnitt. Falsch. Der Oszillierer arbeitet mit Bewegung, nicht mit Kraft. Zu viel Druck führt zu unsauberen Kanten, überhitzen Aufsätzen und beschädigtem Material. Halten Sie das Gerät leicht auf - und lassen Sie es arbeiten.
- Falscher Aufsatz: Ein Holzsägeblatt für Fliesen? Das geht nicht. Fliesen brauchen Diamantaufsätze. Metall braucht feinere Zähne (14-24 TPI). Holz funktioniert mit 8-12 TPI. Nutzen Sie die richtigen Aufsätze - sonst verschleißen sie in Minuten.
- Zu hohe Geschwindigkeit: Viele Geräte haben mehrere Einstellungen. Für feine Arbeiten wie Schleifen von antikem Holz oder Schaben von altem Kleber nutzen Sie die niedrigste Stufe. Hohe Geschwindigkeit ist nur für grobe Arbeiten wie Sägen von Holzbalken nötig.
- Kein Schutz: Auch wenn es klein ist, erzeugt es Staub. Tragen Sie eine Staubmaske. Und eine Schutzbrille. Die EU-Norm hat die Sicherheit verbessert - aber nicht alles eliminiert.
Ein erfahrener Handwerker sagt: „Ich brauche 15 Minuten, um zu lernen, wie man es hält. Aber drei Tage, um zu lernen, wie man es nicht benutzt.“
Was brauchen Sie wirklich? Ein Set mit 15 Aufsätzen
Ein Multifunktionswerkzeug ist nur so gut wie seine Aufsätze. Die meisten Geräte kommen mit einem oder zwei Aufsätzen - meist einem Holzsägeblatt und einem Schleifpapier. Das reicht für den ersten Versuch. Nicht für echte Arbeit.
Um die volle Vielseitigkeit zu nutzen, brauchen Sie mindestens 15 Aufsätze:
- 1-2 Holzsägeblätter (8-12 TPI)
- 1-2 Metallsägeblätter (14-24 TPI)
- 1 Diamant-Sägeblatt für Fliesen und Keramik
- 1 Fugenkratzer (Diamant)
- 1 Schleifplatte (P80, P120, P240)
- 1 Polierscheibe
- 1 Raspel für Holz und Kunststoff
- 1 Zahnrad-Schaber für Kleber
- 1 Staubabsaugungsaufsatz
- 1 Bohrer (für kleine Löcher in Holz oder Gipskarton)
- 1 Klemmplatte (für exaktes Arbeiten an Kanten)
- 2-3 Ersatzbatterien (für Akkugeräte)
Ein solches Set kostet 120-180 €. Klingt viel? Es ist eine Investition. Ein einzelnes Sägeblatt kostet 20-35 €. Wenn Sie drei davon verbrauchen, haben Sie schon 100 € ausgegeben. Mit einem Set sparen Sie Geld - und Zeit.
Was kommt als Nächstes? Die Zukunft der Oszillierer
Die Technik entwickelt sich rasant. Die neuesten Modelle haben:
- Bluetooth-Verbindung: Der Bosch Professional erkennt, wie stark das Werkzeug belastet ist - und warnt, wenn ein Aufsatz verschlissen ist.
- Intelligente Staubabsaugung: Der Fein Multimaster mit neuer Absaugung fängt 95 % des Staubes ein. Kein Reinigen der Wohnung nach der Arbeit.
- Langsamere, präzisere Motoren: Für empfindliche Oberflächen wie antike Wandverkleidungen oder Holz mit historischem Anstrich gibt es jetzt spezielle Einstellungen mit niedrigerer Frequenz.
- Modulare Systeme: Ein Akku passt in mehrere Werkzeuge - nicht nur in das Multifunktionswerkzeug, sondern auch in Bohrmaschine, Säge, Schleifer. Das spart Geld und Platz.
Der Markt wächst jährlich um 8,5 %. Im Innenraum sogar um 12,3 %. Warum? Weil Altbauten saniert werden. Weil die Menschen ihre Wohnungen modernisieren, ohne sie komplett abzureißen. Und weil ein Multifunktionswerkzeug der einzige Weg ist, das sauber, präzise und ohne Chaos zu machen.
Frequently Asked Questions
Kann ich mit einem Multifunktionswerkzeug auch Holz sägen?
Ja, aber nur in begrenztem Umfang. Es eignet sich hervorragend für präzise Schnitte in Holz, z. B. beim Anpassen von Türrahmen oder dem Ausschneiden von Aussparungen. Die maximale Schnitttiefe liegt bei etwa 65 mm. Für große Holzplatten oder dicke Balken ist eine Tisch- oder Kreissäge besser geeignet. Für feine Arbeiten im Innenraum ist es aber ideal.
Wie lange hält ein Aufsatz?
Das hängt vom Material und der Nutzung ab. Ein Holzsägeblatt hält bei moderater Nutzung 10-20 Stunden. Ein Diamant-Sägeblatt für Fliesen hält bei intensivem Einsatz nur 3-5 Tage, besonders wenn es mit viel Druck verwendet wird. Professionelle Fliesenleger wechseln ihre Aufsätze nach etwa 3 Wochen Dauereinsatz. Es lohnt sich, Originalaufsätze zu nutzen - sie halten länger und arbeiten sauberer.
Ist ein Multifunktionswerkzeug für Anfänger geeignet?
Absolut. Die Bedienung ist einfach: Aufsatz einstecken, einschalten, sanft auf das Material drücken. Die meisten Hersteller bieten Video-Tutorials an, die zeigen, wie man Ecken bearbeitet oder Fugen entfernt. Ein Anfänger braucht 3-5 Stunden, um die Grundfunktionen zu lernen. Wer mehr will - wie das Schleifen von antikem Holz - braucht etwas Übung. Aber es ist kein Werkzeug, das man erst studieren muss.
Warum ist das Multifunktionswerkzeug so teuer, wenn es so klein ist?
Weil es keine einfache Maschine ist. Es kombiniert einen präzisen Motor, eine hochgenaue Schwingungssteuerung, eine robuste Schnellspanntechnik, ein ergonomisches Design und oft integrierte Elektronik. Die Herstellung erfordert hochwertige Materialien und präzise Montage. Ein Billiggerät kostet weniger - aber es bricht schneller, arbeitet ungenau und ist unsicher. Wer regelmäßig arbeitet, zahlt für Qualität - und spart langfristig Zeit und Material.
Kann ich damit auch Metall bearbeiten?
Ja, aber nur mit dem richtigen Aufsatz. Für Metall brauchen Sie spezielle Sägeblätter mit feiner Zähnung (14-24 TPI). Damit können Sie Rohre, Profilträger oder alte Beschläge aus dem Mauerwerk schneiden. Die maximale Schnitttiefe liegt bei etwa 10 mm. Für dickere Metallteile ist ein Winkelschleifer besser. Aber für präzise Arbeiten - wie das Ausschneiden einer Öffnung in einem Metallrahmen - ist das Multifunktionswerkzeug unschlagbar.