Bleileitungen erkennen und austauschen: So schützen Sie Ihre Familie vor Bleivergiftung

Bleileitungen erkennen und austauschen: So schützen Sie Ihre Familie vor Bleivergiftung

Wenn Sie in einem Haus gebaut vor 1973 wohnen, könnte Ihre Wasserleitung ein unsichtbares Gift in Ihrem Glas verstecken: Blei. Es riecht nicht, schmeckt nicht, und es ist fast unsichtbar - doch es schadet Ihrem Körper, besonders wenn Sie Kinder, Schwangere oder ältere Menschen in der Familie haben. Viele wissen nicht, dass Bleirohre bis in die 1970er-Jahre normal waren - und dass sie heute noch in Tausenden Häusern stecken. Die gute Nachricht: Sie können etwas tun. Und es ist dringend nötig.

Warum Blei in der Wasserleitung so gefährlich ist

Blei ist kein Stoff, den man einfach „abspült“. Es lagert sich im Körper ab - vor allem in Knochen und Gewebe. Bei Erwachsenen kann das langfristig die Nieren schädigen und den Blutdruck erhöhen. Bei Kindern ist es viel schlimmer: Selbst winzige Mengen beeinträchtigen die Gehirnentwicklung, reduzieren die Konzentrationsfähigkeit und können zu Lernschwierigkeiten führen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagt klar: Es gibt keinen sicheren Grenzwert für Blei. Nicht einen Tropfen ist unbedenklich.

Wie kommt Blei ins Wasser? Durch Korrosion. Wenn Wasser lange in alten Bleirohren steht - etwa über Nacht oder wenn niemand zu Hause war - löst sich das Blei aus den Rohrwänden. Besonders stark ist das in warmem Wasser oder wenn das Wasser weich ist. Und es reicht nicht, nur die sichtbaren Teile zu ersetzen. Selbst ein kleiner Abschnitt aus Blei in der Hausinstallation kann den gesamten Wasserstrom belasten.

Wie Sie herausfinden, ob Sie Bleileitungen haben

Die meisten Bleirohre sind nicht sichtbar - sie liegen in Wänden, unter Fußböden oder hinter Heizkörpern. Aber es gibt Anzeichen, die Sie nicht ignorieren sollten:

  • Ihr Haus wurde vor 1973 gebaut.
  • Die Wasserleitungen sind grau, weich und lassen sich mit einem Schlüssel leicht eindrücken (Blei ist weicher als Kupfer oder Stahl).
  • Die Leitungen führen vom Wasserzähler direkt zum Wasserhahn - ohne sichtbare Kupferrohre dazwischen.
  • Sie haben einen alten Wasserhahn mit einem Messingventil - oft verbaut mit Bleiteilen.

Wenn Sie unsicher sind: Schauen Sie am Wasserzähler oder im Keller nach. Bleirohre haben oft eine charakteristische, matte Oberfläche und keine Gewinde wie Kupfer. Sie können auch einen einfachen Test machen: Nehmen Sie einen Magneten. Blei ist nicht magnetisch - aber wenn Sie ein metallenes Rohr sehen, das nicht von einem Magneten angezogen wird, könnte es Blei sein. Kupfer und Stahl hingegen sind nicht magnetisch, aber härter. Wenn Sie nicht sicher sind, holen Sie einen Fachmann.

Die gesetzlichen Regeln: Was Sie ab 2026 tun müssen

Seit 2013 ist es in Deutschland verboten, neue Bleileitungen zu verlegen. Aber was ist mit alten? Die Trinkwasserverordnung wurde 2023 verschärft - und ab dem 1. Januar 2026 gilt: Jeder Hausbesitzer muss Bleileitungen vollständig austauschen oder stilllegen. Das betrifft nur Gebäude mit Baujahr vor 1973. Danach wurde Blei bundesweit nicht mehr verwendet.

Was bedeutet das für Sie? Wenn Sie Mieter sind: Sie haben kein Recht, die Leitungen selbst zu tauschen - aber Sie haben das Recht, vom Vermieter zu verlangen, dass er es tut. Der Vermieter ist gesetzlich verpflichtet, das Trinkwasser sicher zu halten. Wenn er nicht handelt, können Sie sich an das Gesundheitsamt wenden. Dort werden sie prüfen, ob der Bleigrenzwert überschritten wird - und den Vermieter zur Sanierung verpflichten.

Wenn Sie Eigentümer sind: Sie sind für den Austausch verantwortlich. Nicht der Mieter. Nicht der Wasserversorger. Sie. Und es reicht nicht, nur einen Teil zu ersetzen. Selbst wenn nur 20 Zentimeter Blei in der Leitung sind - das reicht, um den Grenzwert von 0,010 Milligramm pro Liter zu überschreiten. Die Behörden fordern einen vollständigen Austausch bis zum Hauptanschluss.

Mutter gießt Wasser aus dem Hahn, Kind schaut besorgt, mikroskopische Bleiteilchen im Wasser sichtbar.

Was passiert, wenn Sie nichts tun?

Die Gefahr ist nicht nur gesundheitlich. Wer die Vorschriften ignoriert, handelt rechtswidrig. Das Gesundheitsamt kann eine Sanierungsanordnung erlassen - und wenn Sie nicht folgen, drohen Bußgelder. Außerdem können Sie haftbar gemacht werden, wenn jemand durch Ihr Trinkwasser krank wird - besonders wenn Kinder betroffen sind.

Und es wird nicht besser: Ab 2028 werden die Grenzwerte erneut verschärft. Die Industrie arbeitet an neuen Materialien, die noch sicherer sind. Blei hat keine Zukunft im Trinkwassersystem - und wer jetzt wartet, zahlt später doppelt: in Geld und in Gesundheit.

Was Sie jetzt tun können - Schritt für Schritt

Sie müssen nicht alles auf einmal erledigen. Aber Sie müssen anfangen. Hier ist ein praktischer Plan:

  1. Prüfen Sie das Baujahr Ihres Hauses. Wenn es vor 1973 liegt, gehen Sie davon aus, dass Bleileitungen vorhanden sind - es sei denn, Sie haben es vor 2013 komplett erneuert.
  2. Testen Sie Ihr Wasser. Ein einfacher Wassertest kostet zwischen 30 und 80 Euro. Test-Wasser.de oder lokale Labore analysieren Blei, Kupfer und andere Schwermetalle. Das ist die einzige sichere Methode, um zu wissen, ob Ihr Wasser belastet ist.
  3. Vermeiden Sie das erste Wasser am Morgen. Lassen Sie das Wasser aus dem Hahn 30 Sekunden bis zwei Minuten laufen, bevor Sie es zum Trinken oder Kochen nutzen. Das ist besonders wichtig für Kinder, Schwangere und ältere Menschen. Nutzen Sie dieses Wasser für die Blumengießkanne oder die Waschmaschine.
  4. Sprechen Sie mit Ihrem Vermieter oder Hausverwaltung. Zeigen Sie ihm die Testergebnisse oder informieren Sie ihn über die neue Regelung ab 2026. Viele wissen es nicht - und sind bereit, zu handeln, wenn sie es wissen.
  5. Holen Sie sich ein Angebot von einem Sanitär-Experten. Ein Fachbetrieb prüft die Leitungen mit einer Kamera oder einem Metalldetektor. Er sagt Ihnen, wo Blei ist und wie der Austausch am besten läuft. Achten Sie darauf, dass er die Leitungen komplett ersetzt - nicht nur teilweise.

Was kostet der Austausch?

Die Kosten variieren stark - je nach Hausgröße, Zugänglichkeit der Leitungen und Material. Ein kompletter Austausch in einem Einfamilienhaus kostet zwischen 3.000 und 8.000 Euro. Das klingt viel - aber denken Sie daran: Es ist eine Investition in Ihre Gesundheit und die Ihres Hauses. Es gibt keine staatliche Förderung für Bleileitungs-Austausch - aber manche Kommunen bieten Zuschüsse an. Fragen Sie beim Gesundheitsamt oder Ihrer Stadtverwaltung nach.

Einige Sanitär-Unternehmen bieten Ratenzahlung an. Und wenn Sie gleichzeitig die Heizung oder die Dämmung erneuern, können Sie die Kosten auf mehrere Projekte verteilen. Es lohnt sich, mehrere Angebote einzuholen - und darauf zu achten, dass der Betrieb die neuen Leitungen mit einer Garantie auf die Wasserqualität ausstattet.

Zerfallendes Bleirohr verwandelt sich in eine menschliche Silhouette mit giftigen Partikeln im Körper.

Was ist mit anderen Rohrmaterialien?

Nicht alle Metallrohre sind gleich gefährlich. Kupfer ist sicher - solange es nicht mit Blei in Kontakt kommt. Polyethylen (PE) oder Polybutylen (PB) sind heute Standard und völlig unbedenklich. Aber: Wenn Sie Kupferrohre haben, die mit alten Blei-Anschlüssen verbunden sind, kann immer noch Blei ins Wasser gelangen. Deshalb: Alles, was mit Blei verbunden ist, muss raus.

Vermeiden Sie auch alte Messingventile oder Armaturen mit Bleigehalt. Auch sie können Blei abgeben. Heutige Armaturen sind nach DIN EN 1254 geprüft und dürfen nur noch extrem geringe Mengen abgeben - fast keine.

Was tun, wenn Sie schon Symptome haben?

Bleivergiftung zeigt sich oft unspezifisch: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten. Bei Kindern: Lernprobleme, Hyperaktivität, Schlafstörungen. Wenn Sie solche Symptome haben und in einem Altbau wohnen: Lassen Sie Ihr Wasser testen. Und gehen Sie zum Arzt - sagen Sie ihm, dass Sie Verdacht auf Bleibelastung haben. Ein Bluttest kann den Bleispiegel messen. Aber: Der Wert im Blut zeigt nur die aktuelle Belastung - nicht die langfristige Ansammlung in den Knochen. Deshalb: Der Wasser-Test ist wichtiger.

Wo finden Sie Hilfe?

Sie sind nicht allein. Viele Menschen haben das gleiche Problem. Hier sind die richtigen Ansprechpartner:

  • Gesundheitsamt: Sie beraten kostenlos und können Wasserproben analysieren oder den Vermieter auffordern, zu handeln.
  • Verbraucherzentrale: Sie erklären Ihre Rechte als Mieter oder Eigentümer - kostenlos und unabhängig.
  • Verband der Haus- und Grundbesitzer: Sie haben Musterbriefe und Checklisten für den Austausch.
  • Fachbetriebe der Sanitär- und Heizungstechnik: Suchen Sie nach einem Betrieb mit Zertifizierung nach DVGW oder KfW.

Und vergessen Sie nicht: Jeder, der heute handelt, schützt nicht nur seine Familie - sondern auch die nächste Generation. Blei ist ein Gift, das Jahrzehnte im Körper bleibt. Es ist nicht zu spät - aber es wird immer dringender.

Kann ich Bleileitungen selbst austauschen?

Nein. Der Austausch von Wasserleitungen ist eine Facharbeit, die nur von zertifizierten Sanitär-Installateuren durchgeführt werden darf. Sie brauchen eine Genehmigung vom Wasserversorger, und die neue Leitung muss nach der Trinkwasserverordnung geprüft werden. Selbst wenn Sie handwerklich geschickt sind: Die rechtlichen und gesundheitlichen Risiken sind zu groß. Lassen Sie es professionell machen.

Ist gefiltertes Wasser sicher, wenn Bleileitungen noch da sind?

Nur bedingt. Die meisten Haushaltsfilter - wie Aktivkohle oder Kassettenfilter - entfernen kein Blei effektiv. Nur spezielle Umkehrosmose-Anlagen oder Ionenaustauscher können Blei reduzieren. Aber auch die müssen regelmäßig gewartet werden. Und sie filtern nur das Wasser, das durch sie fließt - nicht das, das in der Badewanne oder für das Kochen aus dem Hahn kommt. Der einzige sichere Weg: Die Leitungen ersetzen.

Muss ich das Wasser auch für Duschen und Waschen meiden?

Nein. Blei wird nicht durch die Haut aufgenommen - nur beim Trinken oder Kochen. Sie können also bedenkenlos duschen, waschen oder die Wäsche waschen - auch wenn Blei im Wasser ist. Die Gefahr liegt ausschließlich im Verzehr. Dennoch: Lassen Sie das erste Wasser aus der Dusche laufen, wenn es lange stand - das schont auch Ihre Armaturen.

Warum gilt die Regelung nur für Häuser vor 1973?

Weil ab 1973 in Deutschland der Einsatz von Blei für Trinkwasserleitungen offiziell verboten wurde. Es gab danach noch vereinzelte Ausnahmen - aber keine mehr in der Norm. Häuser ab 1973 haben daher entweder Kupfer, Stahl oder Kunststoffrohre. Wenn Ihr Haus nach 1973 gebaut wurde, ist das Risiko praktisch ausgeschlossen - es sei denn, es wurden nachträglich alte Teile eingebaut.

Was passiert mit den alten Bleirohren nach dem Austausch?

Sie werden als Sondermüll entsorgt - und zwar nach strengen Vorschriften. Ein professioneller Installateur nimmt die alten Rohre mit und bringt sie zu einer speziellen Recycling-Station. Dort wird das Blei wiederverwertet - meist für Batterien oder Schwermetall-Recycling. Sie dürfen die Rohre nicht einfach in den Hausmüll werfen. Das ist illegal und gefährlich.